1  Einführung

Um die tiefgreifenden Veränderung durch die fortschreitende Digtalisierung verstehen zu können, ist es notwendig sich mit dem Begriff Industrialisierung bzw. den Veränderungen in der Industrie zu beschäftigen. Die nachfolgenden Inhalte in diesem Kapitel wurden tw. auf Basis der Inhalte des Buches Industrie 4.0 (Steven 2019) erstellt.

Um in die Zukunft blicken zu können, muss man erst die Vergangenheit verstehen.

Was ist Innovation?

1.1 Industrielle Revolutionen - Industrie 4.0

Eine Möglichkeit ist die geschichtlichen Entwicklungsstufen in der Industrie zu betrachten. Hierbei geht es vor allem darum wie sich die Produktionsprozesse in den vergangenen 2 Jahrhunderten verändert haben.

Bisher spricht man von vier industriellen Revolutionen.

Zeitliche Übersicht der 4 industriellen Revolutionen

Weiterführender Link: Industrielle Revolutionen, Wikipedia

1.1.1 Erste industrielle Revolution (Mitte-Ende 18.Jhdt.)

Diese wurde vor allem durch die Erfindung der Dampfmaschine ausgelöst, was zur Folge hatte, dass für den Einsatz von Dampfbetriebenen Maschinen Fabriken gebaut wurden.
Vorreiter war die britische Textilindustrie, wobei die Arbeitsproduktivität durch Mechanisierung mit der Entwicklung von Webstühlen vervielfacht wurde. Durch die Fabriken hat sich auch die Arbeitswelt bzw. das Arbeitsleben wesentlich verändert, da vorher vor allem zu Hause gearbeitet wurde.

Power loom - Webstuhl Fabrik, 1835

1.1.2 Zweite industrielle Revolution (Anfang 20.Jhdt.)

Auslöser war die Erfindung von Elektrizität und die Umstellung der Antriebsenergie von Dampf auf Strom. Dies ermöglichte neue Mechanisierungsschritte wie Fördereinreichtungen und so wurde das erste Fließband um 1870 in einem Schlachthof in der Produktion eingesetzt. Später wurde dieses von Henry Ford in der Automobilproduktion übernommen, womit auch der Meilenstein für die Fließbandfertigung bzw. Massenproduktion gesetzt wurde.

1.1.3 Dritte industrielle Revolution (Mitte 20.Jhdt.)

Diese ist geprägt durch die fortschreitende Entwicklung von Informationstechnologie. Dies kann auch als Start der Digitalen Revolution bzw. Digitalisierung bezeichnet werden. Im Zentrum stehen Computer und Programme die in den Produktionsanlagen zur Steuerung eingesetzt wurden. Im Jahr 1969 wurde die erste Speicher-programmierbare Steuerung verwendet und somit konnten Maschinen dynamisch programmiert werden. Es wurde somit möglich immer mehr, vor allem komplexere, Arbeitsabläufe durch Roboter und Maschinen zu automatisieren. Ab den 1990ern wurde mit Hilfe von Lean Production versucht die Produktion zu verschlanken, um durch sparsamen Ressourceneinsatz (Material, Arbeitszeit) die Kosten zu senken und die Wertschöpfung zu erhöhen.

1.1.4 Vierte industrielle Revolution (Anfang 21.Jhdt.)

Diese zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass die Digitalisierung alle Wirtschaftsbereiche, wie auch das private Leben, durchdringt. Ein wesentlicher Grund hierfür liegt in der Vernetzung, welche für die zunehmende Digitalisierung verantwortlich ist. Diese hat es vor allem ermöglicht reale und virtuelle Welten miteinander zu verbinden, wodurch auch das Internet der Dinge (IoT - Internet of Things) entstanden ist. Wir befinden uns heute (2024) noch innheralb bzw. eventuell am Ende der vierten Revolution und es ist nicht abzusehen wann diese endet bzw. ob diese schon geendet hat.

1.1.5 Fünfte industrielle Revolution (?)

Auslöser für die bisherigen industriellen Revolution waren technologische Errungenschaften. Diese führen zu tiefgreifenden Veränderungen, welche die Art und Weise wie eine Produktion funktioniert grundlegend verändert hat. Einige WissenschaftlerInnen bzw. Fachleute sind der Ansicht, dass die 5te industrielle Revolution schon begonnen hat.

1.2 Theorie der langen Wellen

Die Theorie der langen Wellen wurde vom russischen Wirtschaftswissenschaftler N. Kontradieff 1926 begründet und 1939 vom Österreicher J. Schumpeter übernommen. Die Hauptannahme ist, dass neben kurz und mittelfristigen Konjunkturzyklen (3-10 Jahre) auch langfristige Zyklen mit einer Dauer von 40-60 erkenntlich sind. Schumpeter würdigte Kontradieff indem er diese langfristigen Zyklen bzw. Wellen nach ihm benannte. Schumpeter wird daher zugeschrieben Begründer der Theorie der langen Wellen zu sein.

Grundlage für das Auftreten von langen Wellen sind technologische Basisinnovationen. Im Gegensatz zu Kontradieff, welcher Innovationen als Folge eines neues Zyklus sah, betonte Schmumpeter dass Basisinnovationen einen Konjunkturzyklus auslösen und daher die Ursache eines neues Zyklus sind. Kontradieff war der Meinung das technologische Entwicklungen auf Grund von vorherrschenden Bedürfnissen und deren Befriedigung in der Gesellschaft erfunden wurden.

Im Gegensatz dazu wird Schumpeters Theorie als Innovationstheorie bezeichnet. Schumpeter definiert den Innovator, ein dynamischer Unternehmer (Pionierunternehmer) der eine Innovationsmöglichkeit erkennt und versucht diese gewinnbringend zu verwirklichen.

Kontradieff Zyklen (Copyright - Hans-Jörg Naumer Allianz AG)

Kontradieff-Zyklen - Dino Cardiano

1.3 Perpetuelle Disruption

Es gibt aber auch Diksussion bezüglich den Ausführungen zu den industriellen Revolutionen. Von Alain Veuve wurde der Begriff Perpetuelle Disruption definiert (Veuve 2016):

  • Lineare Denkweise des alten Industriezeitalters, Wir lernen das unerwartete Wellen über uns hereinbrechen
  • Technologische Innovation ermöglicht es Probleme einfacher und effizienter zu lösen
  • Wirtschaftliche und Gesellschaftliche Umbrüche = Disruption von bestehenden Strukturen

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1.3.1 Revolution und Wahrnehmung

  • Wahrnehmung eines Ereignis <-> Eintretenwiederholung

    Je öfter wir etwas erleben, desto normaler stufen wir es ein

  • Immer kürzere Abstände zwischen technologischen Innovationen

  • keine Lineare Entwicklung mehr

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1.3.2 Was jetzt?

Proaktiver Wandel

Davon auszugehen, dass die jetzt wahrgenommenen Veränderungen im Digitalen Bereich nur ein abermaliger Technologieschub im Geiste einer weiteren „Industriellen Revolution“ sei, ist fatal. Vielmehr sehen wir uns mit einer immer schneller werdenden Abfolge von erheblichen technologischen Verbesserungen konfrontiert. Die Antwort der Unternehmen kann keine „Transformation“ sein, sondern muss eine grundlegende Neudefinition des Unternehmensmodells darstellen. Der Wandel ist die neue Konstante.

(Veuve 2016) Alt text